Essen im Mittelalter

Fiktion

Das Essen im Mittelalter bestand in erster Linie aus Fleisch! Spanferkel, Hühner und Gänse wurden über offenen Feuern am Spieß gedreht, auf großen Rosten schmorten Schweinshaxen und Rinderkeulen. Beilagen waren im Großen und Ganzen unbekannt, höchstens für die Kinder und die Alten fanden Brei und Brot ihren Weg auf den Tisch.
So, oder so ähnlich stellt man sich gerne ein normales Abendessen im Mittelalter vor, neben ausufernden Gelagen werden kaum noch andere gesellschaftliche Formen des Speisens beachtet.
Das sind zumindest die Bilder, die uns im Bezug auf Essen im Mittelalter durch Hollywood, Trivialliteratur und teils auch auf den immer populärer und zahlreicher werdenden Mittelalterveranstaltungen unserer Tage vermittelt werden.
Auch ohne tiefere wissenschaftliche Betrachtung stellt sich natürlich die Frage, warum eine landwirtschaftlich geprägte Gesellschaft, wie es das Europa des Mittelalters war, mehr oder weniger völlig auf pflanzliche Lebensmittel verzichtet haben soll und darüber hinaus, wie eben diese Gesellschaft mit den damaligen noch deutlich weniger entwickelten Viehzuchtmethoden den enormen Fleischbedarf gedeckt haben soll.
Von unzähligen weiteren Gründen, die dieses Bild fragwürdig erscheinen lassen, einmal abgesehen.

Realität (?)

Doch wie und was wurde tatsächlich gegessen? Diese Frage wollen wir hier einmal etwas näher unter die Lupe nehmen, wobei in diesem Themengebiet selbstverständlich ebenfalls die gleichen Einschränkungen gelten, wie in den vorangegangenen Blogs: Hier soll ein Überblick über allgemeine Gegebenheiten und Gebräuche gegeben werden, die aber sowohl zeitlich als auch geographisch deutlich variieren können.
Ähnlich den heutigen Essgewohnheiten, beeinflusste auch im Mittelalter der Anlass, der Personenkreis und die wirtschaftlichen Möglichkeiten, was und wie viel auf den Tisch kam. So unterschied sich der Speiseplan eines Bauern von dem eines reichen Bürgers oder Adligen, so fielen Festessen deutlich umfangreicher aus als das alltägliche Mahl. Darüber hinaus beeinflusste aber auch die Kirche mit ihren Feiertagen und Fastenzeiten die Essgewohnheiten grundlegend und deutlich stärker als dies heute der Fall ist.

Was gegessen wurde

Generell waren die Menschen wesentlich stärker von der eigenen bzw. regionalen Produktion abhängig, als wir heute. Durch die schlechteren Transportmöglichkeiten und die mehr oder weniger auf Einsalzen oder Trocknen reduzierten Methoden der Haltbarmachung war der Umfang, der über weite Strecken transportierbaren Lebensmittel stark eingeschränkt. Vor allem frische und leicht verderbliche Ware konnte gar nicht oder nur über kurze Strecken transportiert und damit auch nur regional gehandelt werden.
Einen guten Überblick über die Art der über weite Distanzen gehandelten und somit auch in vielen Gebieten Europas verfügbaren Lebensmittel geben zum Beispiel Aufstellungen über Zollgebühren, wie die der Stadt Nürnberg laut einer Urkunde Ludwigs des Bayern von 1332 [Evamaria Engel / Frank-Dietrich Jakob: Städtisches Leben im Mittelalter: Schriftquellen und Bildzeugnisse (2006) ISBN 978-3-412-20205-7]. Hier sind eine Menge verschiedenster Rohstoffe, Materialien und Waren aufgeführt, jedoch außer Wein, Öl, Hering, Schlachtvieh und Salz nur wenige Lebensmittel. Dabei spielte Salz eher als Konservierungsmittel denn als Zutat eine Rolle.
Vor allem Gewürze wie Piment, Zimt, Pfeffer, Safran etc. wurden über weite Strecken gehandelt, weil diese aber so teuer waren, dürften sie überwiegend beim Adel und beim aufstrebendem Bürgertum Verwendung gefunden haben.

Fleisch

Eine Sonderstellung fiel dem Fleisch als Nahrungsmittel zu. Dies lässt sich am besten aus „technischer Sicht“ begründen, da die Viehzucht im heutigen Sprachgebrauch eine „Veredelung“ der Rohstoffe, in diesem Fall des Getreides oder anderer Futtermittel, zu einem höherwertigen Lebensmittel darstellt und dabei einen weit höheren Material- und auch Geldeinsatz erfordert. Unter anderen ist dies sicherlich einer der Gründe, warum Fleisch zum Beispiel fast ausschließlich in den oberen Gesellschaftsschichten bzw. zu besonderen Anlässen in großen Mengen verzehrt wurde [vgl. Quellen der nachfolgenden Abschnitte].  Ebenso war die „Wertigkeit“ der unterschiedlichen Fleischsorten damals gegenüber unserer heutigen Sicht eine ganz andere.
Rinder wurden meist als Arbeitstier und nicht als Fleischlieferant gehalten, so dass Rindfleischgerichte gar nicht oder nur spärlich in den überlieferten Rezeptsammlungen zu finden sind. Dagegen waren Schweine als Schlachttiere sehr beliebt, da sie einerseits ihr Futter selbst suchen (sog. Eichelmast), darüber hinaus aber auch neben dem Fleisch noch Leder, Talg, Schmalz etc. aus ihnen gewonnen wurde. Im „Hofrecht von Münchweier“ (um 1100) wird zum Beispiel festgelegt, dass am St. Andreastag von jedem Bauer für die von ihm gepachtete Hufe (Fläche, die mit einem Pflug bestellt werden kann und demnach der Arbeitskraft einer Familie entspricht) ein sog. „Hufschwein“ an das Marienkloster zu entrichten ist, von dem die Mönche und Diener den Schmalz erhalten sollen. Wichtigste Anhaltspunkte zur Einschätzung des Wertes der Schweine dürften dabei die verschiedenen Gesetze zur Straffestsetzung sein: Im alemannischen Volksrecht („Lex Alamannorum“) vom Beginn des Frühmittelalters ist zum Beispiel die Strafe für das Töten eines Schweinehirten gleichgesetzt mit der Strafe für den Mord an einem Hirten mit 80 Schafen oder den an einem Goldschmied [Siegfried Epperlein: Bäuerliches Leben im Mittelalter: Schriftquellen und Bildzeugnisse (2003) ISBN 3-412-13602-6].
Des weiteren finden sich in den überlieferten Rezeptbüchern als Fleischlieferant Hühner und andere wilde Vögel wie Schwan, Gans und Kapaun sowie verschiedenstes Wildbret. Anhaltspunkte für den unterschiedlichen Fleischkonsum in Adel und einfacher Bevölkerung geben die vorhandenen Jagdrechte, die das Jagen von Rotwild, Wildschwein und Bär dem Adel vorbehielt und der einfachen Bevölkerung die Jagd auf Hasen, Kaninchen, Biber etc. zuwies. Das hat natürlich vor allem soziale Gründe, allerdings sind die Auswirkungen auf den jeweiligen Speiseplan nicht zu übersehen.
Ergänzt wurde die Liste der Speisen noch durch Süß- oder Salzwasserfische, je nach lokalem Vorkommen.
Wie schon eingangs erwähnt, regelten religiöse Vorschriften was wann wie gegessen werden durfte. Die umfangreichen Fastenregeln der damaligen Zeit untersagten den Fleischkonsum an ungleich mehr Tagen im Jahr, als das heute der Fall ist. An sog. „leichten Fastentagen“ war der Verzehr von Fisch und Milchprodukten erlaubt, an „schweren Fastentagen“ sollte selbst das vermieden werden. Interessant ist hierbei die Unterteilung der Tiere in Fleisch und Fisch, die nicht nach unseren heutigen biologischen Kriterien erfolgte, sondern vielmehr nach dem Lebensraum der Tiere. Damit wurden z. B. Schwan, Gans und auch Biber oder Nutria aufgrund der Lebensweise am Wasser zu Fisch gezählt und waren damit in der Fastenzeit erlaubt. Kaiser Friedrich II. hat jedoch in einem Traktat festgestellt, dass die nordeuropäische Weißwangengans nicht zwingend in Muscheln heranwachse (und damit als Fisch zu sehen sei), nur weil sich keine Brutstätten finden ließen (Anm.: Die Weißwangengans brütet in Nordafrika) [Bridget Ann Henisch: Fast and Feast. Food in Medieval Society (1986) ISBN 0-271-01230-7].

Nachfolgend sollen nun einmal Speisen einer ländlichen Siedlung, eines bürgerlichen Haushalts und die einer hochadligen Tafel verglichen werden, um damit einen kleinen Einblick sowohl in die verwendeten Lebensmittel, als auch in die Art der Zubereitung zu ermöglichen. Grundlage hierfür sind überlieferte Rezepte bzw. Rezeptsammlungen, sowie Bodenfunde, vor allem aus ausgegrabenen Küchen,  Müllhalden und Latrinen.

Essen der einfachen Landbevölkerung

Die Frage nach der Ernährung der einfachen Landbevölkerung bietet im Vergleich zu den anderen Schichten weit mehr Raum für Spekulation. Der Grund dafür findet sich vor allem in der weitaus geringeren Zahl an Manuskripten, Rezeptsammlungen etc. Die Archäologie ist hier vor allem auf Bodenfunde angewiesen, wie sie in früheren Siedlungen vor allem an den Standorten von Küchen, Müllhalden und auch Latrinen gemacht wurden. Ein großes Problem dabei ist die Tatsache, dass pflanzliche Lebensmittel wesentlich stärker und auch rückstandsloser verrotten, als dies z. B. Tierknochen tun. Funde von Tierknochen geben daher zwar Aufschluss über die Art der gehaltenen Tiere und aufgrund der Schnitt-, Bruch- und Schabespuren auch Informationen über die Schlachtung der Tiere, allerdings kann über den Umfang des Fleischkonsums und Art der Zubereitung nur spekuliert werden.
Deutlich wird aus den Funden, dass Getreide ein wichtiges Grundnahrungsmittel darstellte. Eingebrannte Lebensmittelreste in Kochgefäßen weisen darauf hin, dass die Zubereitung wohl häufig in Form von Brei erfolgte, wie er auch im nachfolgenden Abschnitt beschrieben wird.
Die Knochenfunde bestätigen grundsätzlich das zuvor Beschriebene: neben vielen Hühnerknochen wurden in erster Linie Schweine-, aber auch Pferdeknochen gefunden. Das Auffinden von Pferdeknochen einschließlich der für das Schlachten typischen Schnittspuren, deutet stark darauf hin, dass auch Pferdefleisch genutzt wurde, um den eher schmalen Speiseplan zu erweitern, obwohl der Genuss von Pferdefleisch bereits mit Verbreitung des Christentums häufig verboten wurde [Anne Schulz: Essen und Trinken im Mittelalter 1000 – 1300 (2011) ISBN 978-3-11-025515-7].

Essen im bürgerlichen Haushalt

Für die Ernährung der bürgerlichen Haushalte, d. h. der überwiegend städtischen Bevölkerung, die bereits über ein gewisses Maß an Wohlstand verfügte, zeigt sich die Quellenlage schon wesentlich vielfältiger und aufgrund der vorhandenen Handschriften auch exakter, als dies für die untersten Gesellschaftsschichten der Fall war. Jedoch ist insbesondere bei den Bild- und Schriftquellen Vorsicht geboten, da anzunehmen ist, dass weniger die alltägliche Küche, sondern eher besondere oder zumindest besonders aufwändige Zubereitungen für Fest- und Feiertage festgehalten wurden. Die überlieferten Rezepte geben uns daher sicherlich Aufschluss über Art und Weise der gängigen Zubereitungsmethoden, jedoch dürfte die alltägliche Küche deutlich reduzierter und einfacher gewesen sein.

Eine typische Mahlzeit ist bereits aus der im 12. Jahrhundert von dem dänischen Mönch Henrik Harpestreng erstellten Handschrift ersichtlich „En liten bok om kokkonsten“ (Ein kleines Buch der Kochkunst), die im 14. Jahrhundert übernommen und ergänzt wurde. Im Rahmen experimenteller Archäologie wurden zahlreiche Rezepte analysiert, ausprobiert und für das heutige Verständnis übersetzt [Daniel Serra & Hanna Tunberg: En sås av ringa värde och andra medeltida recept (2009) ISBN 978-97-977529-1-6].  Die meisten der aufgeführten Rezepte finden sich entweder so oder in abgewandelter Form in verschiedenen Texten in den unterschiedlichen Gebieten Europas wieder.

Grundlage einer bürgerlichen Mahlzeit war danach in der Regel Brei, Grütze oder auch Mus aus Getreide, meist Gerste, Hirse oder Hafer, im Spätmittelalter mehr und mehr Dinkel. Dieser Brei wurde in der Regel mit Wasser, Brühe, Milch oder Mandelmilch (ein Substitut für Milch, hergestellt aus Mandeln und Wasser oder Wein) hergestellt und entsprach wohl am ehesten dem, was auf heutigen Tafeln der Reis, die Kartoffeln oder die Nudeln sind.
Zweiter wichtiger Bestandteil eines Essens waren Soßen, die entweder eingekocht oder auch kalt aus Brühe, Wein oder Verjus (ein aus unreifen Trauben gepresster saurer Saft), Kräutern und Gewürzen, eingedickt mit Brot, hergestellt wurden. Diese Soßen wurden als Tunke für alle möglichen Fleischgerichte oder für Brot verwendet. Mehrfach in Rezepten erwähnte Soßen sind zum Beispiel eine grüne Soße aus Brühe, Wein und Kräutern oder auch die sog. Kamelinsoße, die aus Zimt und Ingwer und verschiedenen anderen Gewürzen hergestellt wurde. Als Bindemittel dient in diesem Fall Brot, welches vorher in Verjus eingeweicht wurde.
Den größten Raum in den Kochbüchern nehmen allerdings tatsächlich Rezepte für Fleischgerichte ein. Im Hinblick auf die Tatsache, dass Fleisch ein eher seltenes Nahrungsmittel war, mag dies seltsam erscheinen, es muss jedoch berücksichtigt werden, dass Handschriften - so auch die, denen die Rezepte entstammen - Wertgegenstände waren und somit auf den Wohlstand ihrer Auftraggeber oder Besitzer schließen lassen. Fleisch, in diesem Fall in erster Linie Huhn, wurde in vielfältigsten Variationen zubereitet, wobei gemäß beinahe aller Rezepte das Fleisch gekocht und nicht gebraten wurde. Außerdem wurde es meist entweder in kleinen Stücken oder sogar in gehackter Form zu Fleischbällchen oder Ähnlichem zubereitet wird.
Ergänzend zu diesen Brei- und Fleischgerichten findet sich eine große Bandbreite von Rezepten für Milchspeisen, Pasteten und Backwerk, manche mit Kräutern, Käse oder auch Fleisch zubereitet, andere als Süßspeise mit Honig, Mandeln etc.
Die am häufigsten in den Niederschriften anzutreffenden Gewürze sind Zimt, Pfeffer, Ingwer, Muskat, aber auch Galgant, Salz, Kümmel und andere.
Zum Eindicken zahlreicher Gerichte wird häufig auf Eigelb verwiesen, ein anderer oft genannter Grundstoff ist Mandelmilch, entweder in der Verwendung als Basis z. B. für Pudding oder als Grundlage für Soßen und Brühen.

Essen des Adels

Dieselben Hinweise, die für die Bild- und Textquellen der bürgerlichen Tafel angeführt wurden, gelten auch für die Speisepläne des Adels. Insbesondere die Festessen des Hochadels sind in zahlreichen Abbildungen und Niederschriften festgehalten.
Eine der bekanntesten und meistzitierten Quellen für Essgewohnheiten des Adels stellt „Le Viandier“ dar, eine Handschrift, deren Ursprung um 1320 in Frankreich angenommen wird. Zum bedeutendsten Werk seiner Zeit wurde „Le Viandier“ durch Guillaume Tirel, den Küchenchef des französischen Königs Karl V.  Tirel (in manchen Quellen auch Taillevent genannt) erweiterte das Manuskript und machte es über eine einfache Rezeptsammlung hinaus zu einem Handbuch der Küchenführung sowie zur Anleitung für viele mit der Küche verbundene Arbeiten. Dies wurde nötig, da verschiedene Quellen vom Holzfäller für die Küchenfeuer bis hin zum Meisterkoch von bis zu 20.000 Angestellten am Hofe Karls V. ausgehen.
In der Folge wurde dieses bedeutende Werk vom Ende des 14. Jahrhunderts mannigfaltig kopiert, verändert und erweitert, z. B. stimmen Werke englischer Hofköche der nachfolgenden Jahrzehnte inhaltlich fast vollständig mit „Le Viandier“ überein [Terence Scully: The Viandier of Taillevent (1988) ISBN 0-7766-0174-1].

In den von Tirel zusammengetragenen Rezepte finden sich viele der im Abschnitt über die bürgerliche Tafel aufgeführten Speisen. Neben dem bereits erwähnten Brei und Mus gibt es Rezepte für „dicke“ und „dünne“ Eintöpfe, unzählige Fisch- und Fleischgerichte, verschiedenste Soßen und zahlreiche Süßspeisen.
Die Sammlung der Gerichte ist so umfangreich, dass die einzelnen Gruppen nochmals unterteilt wurden, Eintöpfe in „dicke“ und „dünne“ Eintöpfe, mit und ohne Fleisch; Fischgerichte in „Süßwasserfisch“, „runden Seefisch“ und „flachen Seefisch“, Soßen nach gekochten und nicht gekochten.
Erstmals taucht hier sogar neben gekochten Fleischgerichten ein Kapitel über gebratenes Fleisch auf, welches man zu den verschiedenen Soßen reicht.
Darüber erläutert Tirel, wie man Speisen vergoldet (ja, wirklich: vergoldet!), wie Burgmauern für die Tafelgestaltung aus Leinen und Farbe erstellt werden können, wie Farbstoffe zum Einfärben von Speisen gewonnen werden können und vielerlei mehr. Dies macht deutlich, dass bei aller Nähe der Gerichte zu denen einfacherer Leute Prunk und Protz im Mittelpunkt standen. Die Speisen waren aufwändiger, teuerer, vielfältiger und von der Art ihrer Präsentation oftmals von beinahe künstlerischem Charakter.

Wirklich interessant für unsere Betrachtung wird Tirels Manuskript aber erst dadurch, dass neben den offensichtlich für große Festbankette gedachte Speisen tatsächlich auch einfache und einfachste Gerichte und sogar Gerichte für Sieche und Kranke aufgeführt werden.
Bemerkenswert ist, dass in diesen gehobenen Kreisen Fleisch durchaus häufig konsumiertes Nahrungsmittel gewesen sein muss und selbst für Kranke Fleischbrühe „zur Stärkung des Körpers“ erwähnt wird.

Fazit

Abgesehen von den offensichtlich auf Prestige und Prunk abzielenden Speisen Karls V. sind Gemeinsamkeiten in den Essgewohnheiten der verschiedenen Gesellschaftsschichten - je nach Wohlstand und örtlichen Gegebenheiten - deutlich erkennbar.
Bei der Betrachtung der verschiedenen Quellen fällt auf, dass Gemüse durchweg wenig genannt wird und lediglich in Eintöpfen (häufig Kohl) oder in seltenen Fällen zu Brei oder Mus verarbeitet wird (meist Hülsenfrüchte); Rohkost oder Salat findet gar keine Erwähnung.
Grund hierfür könnte sein, dass Gemüse und Salat einen deutlich höheren Aufwand und häufig auch eine künstliche Bewässerung erfordern und somit wesentlich teuerer gewesen wären, als dies heute der Fall ist.
Andererseits würde sich das Fehlen von Rohkost oder schwerer zu kauendem Gemüse und Salat mit einer in der Sekundärliteratur zu findenden interessanten Annahme decken, warum die meisten Speisen entweder in Breiform, oder in kleinen Stücken weich gekocht serviert wurden:
Die generell wesentlich rudimentärere medizinische Versorgung und vor allem die kaum vorhandene Zahnhygiene des Mittelalters dürfte dazu geführt haben, dass die Zähne der Menschen schon in einem frühen Lebensalter in recht schlechten Zustand waren. Zahnersatz oder Gebisse waren unbekannt. Da der Aufwand bei der Zubereitung der Speisen über offenem Feuer ungleich höher gewesen sein dürfte, als dies in einer modernen Küche der Fall ist, ist anzunehmen, dass ein Gericht für alle essbar sein musste - für „normale“ Esser und für Kinder und Alte. Da liegt es nahe, die Speisen breiig, weich gekocht oder in kleinen Stückchen zu servieren.

Abschließend sei im Rückblick auf die eher romantische Betrachtung zu Beginn dieser Ausführungen die Frage gestattet, ob die sicherlich nicht immer einfache Ernährungslage im Mittelalter trotz allem eine größere Vielfalt zu bieten hatte, als dies häufig angenommen wurde und wird.

#Florian Fischer / Oktober 2011