Kleidung des Hochmittelalters
Das Hochmittelalter ist die Epoche, die in der Regel mit dem Mittelalter schlechthin gelecihgesetzt wird. Es ist die Zeit des Investiturstreits, der Kreuzzüge, die Zeit von Friedrich Barbarossa und Richard Löwenherz.
Daher sollte man meinen, dass uns auch die Kleidung dieser Epoche durchaus geläufig ist.
Nachdem  wir aber bereits in früheren Artikeln festgestellt haben, dass Hollywood und andere Massenmedien oft bereits an der Basis weit von den belegbaren Tatsachen abweichen, wollen wir uns nun einmal anschauen, wie sich die Menschen des Hochmittelalters tatsächlich kleideten.

Männerkleidung
Wie schon in dem Artikel über die frühmittelalterliche Bekleidung beginnen wir mit den Beinkleidern. Im Gegensatz zur vorangegangenen Epoche sind diese aber in Schnitt und Tragweise recht einheitlich und eher eine Art allgegenwärtiges Standardkleidungsstück.
Eine der bekanntesten Bildquellen vom Beginn des Hochmittelalters dürfte zweifelsohne der so genannte „Teppich von Bayeux“ (vermutlich um 1075) sein, der die Geschichte der Eroberung Englands durch die Normannen im Jahr 1066 erzählt. Bereits auf diesem frühen Zeugnis wird deutlich, dass von der im Frühmittelalter noch sehr differenzierten Beinkleidung im wesentlichen die Beinlinge als  Kleidungsstück übrig blieben. Vereinzelt können auf den Abbildungen zwar noch Wadenwickel erkannt werden, überwiegend sind die Beine aber mit Strümpfen bekleidet, die eng am Bein anliegen und weit über das Knie reichen. In einem weiteren sehr bekannten Werk aus dem späteren Hochmittelalter - der „Maciejowski-Bibel“ (vermutlich um 1250 von Phillip IX. von Frankreich in Auftrag gegeben) – wird dann vor allem auf Darstellungen der einfachen Landbevölkerung deutlich, dass die Beinlinge bis etwa Mitte des Oberschenkels getragen wurden und auf der Vorderseite mittig mit einem Bändel an der Bruche befestigt wurden. Die Bruche, also die leinene Hose, die unter den Beinlingen getragen wurde, verliert durch diese Entwicklung endgültig ihren Anspruch eines Oberbekleidungsstück und verschwindet gänzlich unter der Kotte und den Beinlingen.
Lediglich die Abbildungen bäuerlicher Arbeiten der Maciejowski-Bibel zeigen Bauern, die die Oberbekleidung zur Arbeit abgelegt haben, so dass die Bruche in diesem Moment das einzige Kleidungsstück darstellt. Interessant ist dabei, dass die Bruche trotz der Beinlinge bis zum Oberschenkel sehr weit und lang ist, so dass die unteren Enden der Bruche nach oben gebunden werden, um nicht bei der Arbeit zu behindern. Aber diese Art der Darstellung weist hauptsächlich auf den Wert der Kleidung hin, denn sie lässt vermuten, dass zu schweren und schmutzigen Arbeiten, wie z.B. beim Ackerumgraben die Beinlinge abgelegt wurden, um diese zu schonen.

Mit der oben genannten „Kotte“ kommen wir von den Beinkleidern zur Bekleidung des Oberkörpers. Die noch deutlich von der antiken Mode beeinflusste Tunika des Frühen Mittelalters entwickelte sich Schritt für Schritt zu einem Kleidungsstück, das mit der Tunika zwar noch den recht einfachen, beinahe sackartigen Schnitt gemein hat, welches aber im Bezug auf Weite und Länge zu einem deutlich unterschiedlicheren Kleidungsstück avancierte.
Betrachten wir wieder die oben genannten Bildquellen wird deutlich, dass die Kotte allgemein gegenüber der Tunika an Länge zunimmt, wobei die tatsächliche Länge der einzelnen abgebildeten Kleidungsstücke untereinander stark variiert. Wo die Kotten der einfachen Bauern – zwar länger als die Tunika – trotzdem noch über dem Knie endet, wird die Kotte der Adeligen und Ritter länger und länger und kann schließlich bis hinab zum Knöchel reichen. Wenn wir uns zum Beispiel einmal den „Kollektar von Ottobeuren“ ( spätes 12. Jahrhundert, Ottobeuren, z.B. abgebildet in Margaret Scott: “Kleidung und Mode im Mittelalter”; siehe unten ) anschauen, sehen wir, dass die Kotten der abgebildeten Märtyrer allesamt mindestens bis unter das Knie, teils aber fast bis zu den Knöcheln reichen. Ebenfalls ist gut zu erkennnen dass die langen Kotten gegenüber den kurzen Tuniken und Kotten nach unten nochmals deutlich weiter werden, um die Bewegung der Beine nicht zu behindern. Aber noch etwas anderes fällt auf dieser Abbildung auf: Nicht nur die Länge und Weite der Kleidungsstücke variiert, auch der Saum weist verschiedenste Verzierungen auf, die von den aus dem Frühmittelalter bereits bekannten Borten bis hin zu tiefen Einschnitten reichen können, durch die am unteren Abschluss so genannte „Zaddeln“ entstehen.
Mit der unterschiedlichen Länge der Kotten sehen wir neben der bereits bekannten Unterscheidung durch Material und Ausschmückung erstmals eine Differenzierung der verschiedenen Gesellschaftsschichten durch den grundsätzlichen Kleidungszuschnitt. Vermutlich entstanden die abweichenden Längen der Kotten ursprünglich dadurch, dass die arbeitende Bevölkerung eine kurze Kotte trug, die die Bewegungen nicht behinderte, während der Adel keiner körperlichen Arbeit nachgehen musste, somit durchaus „hinderliche“ Kleidung tragen konnte. Kleidung hat hier also nicht nur die Funktion des Schutzes oder des Schmuckes, Kleidung bekommt hier auch die Funktion der sozialen Aussage. Der Adelige zeigte bewusst durch die ausladende Kleidung, dass er mit seiner Kleidung gar nicht arbeiten konnte und es vor allem auch nicht brauchte! [Margaret Scott: „Kleidung und Mode im Mittelalter“ (2009), WBG – Wissenschaftliche Buchgesellschaft]

Deutlich schwieriger als bei Beinlingen und Kotte wird die Eingrenzung der Veränderungen bei der obersten Bekleidungslage.
Einen ausgezeichneten Eindruck von der Vielfalt der männlichen Übergewänder vermittelt zum Beispiel „Li Livres dou santé“ (Frankreich, ca. 1285) von Aldobrandino von Siena. Die Darstellung der vier Jahreszeiten zeigt 4 männliche Personen, die jeweils eine Jahreszeit symbolisieren.
Den Sommer in der rechten oberen Ecke wird auf Grund der sommerlichen Temperaturen ohne Überbekleidung gezeigt. Er bringt damit zwar keine Informationen über Mäntel oder Umhänge, zeigt aber nochmals sehr gut die bereits oben behandelte zunehmende Länge der Kotte.
Wenden wir uns als nächstes der Person links unten zu – dem Herbst. Sie trägt einen einfachen dunklen Umhang, der in der Länge in etwa der Kotte entspricht und vorn mit einer Hand zusammengehalten wird. Sowohl im Zuschnitt als auch in dieser eher ungewöhnlichen Art des Verschlusses zeigen sich deutliche Parallelen zu den Umhängen des Frühmittelalters. Rechts neben dem Herbst finden wir den Winter, an dem uns sofort einige große Neuerungen ins Auge stechen: Zum einen verfügt der Mantel über Ärmel und ist vorn geschlossen. Somit erinnert er viel mehr an eine überweite und –lange Kotte, die am Hals mit einigen Knöpfen verschlossen wird. Die Ärmel erscheinen dabei so weit, dass sie die darunter getragene Kotte nicht behindern und zeigen darüber hinaus mit einem beinahe verschwenderischen Stoffverbrauch durchaus auch den Reichtum des Trägers. Ähnlich den bodenlangen Kotten des Adels, könnte in diesen extrem weiten Ärmeln höchstens noch sehr beschwerlich gearbeitet werden. Die andere große Neuerung ist die Kapuze, die den Kopf des Trägers schützt. Zwar konnte man bereits im Frühmittelalter bei einigen Tragweisen des Umhangs der Frau die Bildung einer Art Kapuze erkennen, jedoch tritt diese hier erstmals als bewusst herausgebildetes und nicht veränderbares Element auf.
Das Frühjahr schließlich zeigt uns ein Kleidungsstück, welches beinahe wie eine Kotte erscheint, allerdings die Ärmel vermissen lässt und extrem weite Armausschnitte aufweist. Auch hier können wir auf der Brust eine Reihe von Knöpfen erkennen. Unter diesem Kleidungsstück ist gut die eigentliche Kotte in einem deutlich dunkleren Farbton erkennbar, was auch die Namensgebung verdeutlicht: „Surcot“, also eigentlich „über der Kotte“ oder auch „Überkotte“. Da dieser Surcot ohne Ärmel und mit seinen weiten Armausschnitten wohl nur noch einen recht eingeschränkten Witterungsschutz geboten haben dürfte, tritt hier erstmals ein anderer Aspekt der Kleidung in den Vordergrund. Einerseits verdeutlicht der zusätzliche verarbeitete Stoff den Reichtum des Trägers, der es sich leisten kann, ein Kleidungsstück aus rein optischen Gründen zu tragen, darüber hinaus gewähren die Armausschnitte aber auch Einblick auf die darunter getragene Kotte, so dass auch diese zu repräsentativen Zwecken aufwändig gestaltet werden konnte.
Zusammenfassend zeigt uns diese eine kleine Abbildung eine der wichitgsten Veränderungen im Hochmittelalter. Sie verdeutlicht, dass Kleidung nicht mehr nur praktisch war und alle Verzierungen oder Ausschmückungen diesem praktischen Nutzen untergeordnet wurden. Im Hochmittelalter wurden erstmals bewusst Kleidungsstücke oder –elemente entwickelt, die überwiegend aus modischen Gesichtspunkten entstanden. Vereinfacht gesprochen könnte man sagen, dass im Laufe des Hochmittelalters erstmals ein Gefühl von Mode als repräsentative und gestalterische Größe aufkam.

Wo das Frühe Mittelalter noch gar keine Kopfbedeckungen zeigte oder allenfalls schlichte Kappen verschiedener Ausformung, zeigt das Hochmittelalter auch hier einen deutlichen Wandel. So finden sich in der bereits genannten Maciejowski-Bibel an, oder auch die „Histoire Universelle“ (ca. 1286, Akkon, abgebildet in Margaret Scott: “Kleidung und Mode im Mittelalter”; siehe unten), neben verschiedenen einfachen, schmalkrempigen Hüten eine Kopfbedeckung immer wieder. Meist weiß dargestellt wurde die so genannte Bundhaube vermutlich überwiegend aus Leinen gefertigt und glich in ihrer Form am ehesten einem modernen Babyhäubchen. Sie mutet  für moderne Vorstellung zwar recht seltsam an, erfüllte aber in ihrer schlichten und funktionalen Form verschiedene Funktionen. Die Forschung ist sich weitgehend einig, dass eine Hauptfunktion, vor allem wenn sie von Unterschichten getragen wurde, der Schutz des Kopfes vor der Sonne war. Darüber hinaus verbarg sie aber auch den Schopf des Mannes und reduzierte somit die Gefahr, einerseits von anderen Personen Kopfläuse zu bekommen, andererseits aber auch die eigenen Läuse an andere weiter zu geben. Somit dürfte die Bundhaube wohl eines der ersten bekannten „hygienischen“ Kleidungsstücke sein. Gut erkennbar sind neben der engen Passform meist die beiden Bändel, die entweder seitlich am Kopf lose herunter hingen oder unter dem Kinn geschlossen wurden, um die Haube auf dem Kopf zu halten.

Frauenkleidung
Die Basis der weiblichen Kleidung des Hochmittelalters erfuhr gegenüber dem Frühmittelalter recht wenige Veränderungen. Der Schnitt des Kleids blieb ähnlich schlicht wie der des früheren Vorgängers, nahm jedoch in der Länge zu. Egal welche Bildquelle wir zu Rate ziehen, finden wir die Kleider der Frauen immer in einer Länge vor, die das Bein hinab reicht und den Knöchel bedeckt. Ein Grund dafür könnte die generelle Zunahme der Kleidungslänge im Hochmittelalter sein, weitaus wichtiger dürfte aber vermutlich die Weiterentwicklung und der zunehmende Einfluss des kirchlichen Kodex gewesen sein, der der Frau verbot, ihre Beine und manchmal auch ihre Füße zu zeigen.

Über dem Kleid finden wir bei der Frau, ähnlich wie bei den Männern, nun verschiedenste Formen von Kleidungsstücken. Als Bildquelle schauen wir uns „La Somme le Roy“ (Ende 13. Jahrhundert, Frankreich) an und finden darauf wie auf den „Li Livres dou santé“ gleich drei völlig verschiedene Formen der Oberbekleidung. Die Dame links oben stellt durch die Krone klar gekennzeichnet eindeutig eine Königin dar. Sie trägt von der Form her einen einfachen Umhang, der allerdings von der Länge her so lang erscheint, dass er sogar auf dem Boden Falten wirft. Darüber hinaus ist der Umhang außen reich bestickt und erweckt den Anschein, als sei die Innenseite möglicherweise sogar mit Pelz gefüttert. Die Frau rechts unten trägt über ihrem Kleid einen Surcot, wie wir ihn bereits von den Männern kennen. Dieser scheint ebenfalls mit Pelz gefüttert zu sein, was neben der Kopfbedeckung, auf die wir später noch kommen wollen, ebenfalls für eine höher gestellte Person spricht. Umhang wie Surcot heben sich kontrastreich von der Farbe des Kleids ab, was ebenfalls für die bereits erwähnte Ausprägung eines modischen Empfindens spricht.
Deutlich von den beiden bereits genannten Damen hebt sich die Darstellung rechts oben ab. Sie trägt ein dunkles Kleid und darüber eine graubraune Oberbekleidung. Häufig war grau oder braun auf Abbildungen ein Zeichen für ( im religiösen Sinne )bescheidene oder häufiger auch weniger wohlhabende Personen, so dass wir diese Frau somit zumindest nicht dem Adel zuordnen werden. Die Oberbekleidung erscheint vom Schnitt her wie ein normales Kleid, mit dem Unterschied, dass es so weit ist, dass es über dem eigentlichen Kleid getragen werden kann. Spannend ist dabei, dass die dargestellte Frau bereits unter den Achseln aus dem Oberkleid heraus schlüpft, so dass sie dessen Ärmel nicht bei ihrer Tätigkeit, die in diesem Fall mit dem Zählen von Geld zu tun haben dürfte, behindern. Dieses Überkleid steht somit in einem gewissen Gegensatz zu den beiden vorangegangenen Kleidungsstücken. Wir sehen, dass sich im Hochmittelalter zwar generell Modebewusstsein entwickelt hat, dessen Ausprägung aber auch stark von der gesellschaftlichen Schicht des Träger der Kleidung abhing.

Bei der Betrachtung der zuletzt genannten Frau fällt uns ein weiterer Punkt der Frauenkleidung auf: Durch die sitzende Haltung der Figur rutscht das Kleid etwas über den Knöchel und offenbart über dem Schuh, dass Frauen ähnlich wie im Frühmittelalter Socken trugen. Da den Frauen im Gegensatz zu den Männern keine Bruchen zugeschrieben werden, können wir davon ausgehen, dass die Socken ähnlich den Frühmittelalterlichen Vorgängern nur entweder bis knapp unter oder bis knapp über das Knie reichten und mit Kniebändern fixiert wurden.

Wenden wir uns schließlich den Kopfbedeckungen der Frauen zu, hier erwartet uns ein ähnlich buntes Bild wie bei Umhang, Surcot etc.
Als Bildquelle schauen wir uns wiederum „La Somme le Roy“ an, da die Abbildung auch bei den Kopfbedeckungen eine große Vielfalt zeigt.
Beginnend bei der recht schlichten Kleidung der Frau rechts oben sehen wir, dass sie ihren Kopf mit einer Gugel kleidet. Im Prinzip handelt es sich dabei um eine Kapuze, welche nach unten so verlängert ist, dass sie die Schultern bedeckt. Passend zur sonstigen eher einfachen Kleidung der Frau stellt die Gugel somit ein Kleidungsstück dar, das zwar mit dem Zipfel am Hinterkopf bereits eine modische Ausprägung andeutet, die wir im Spätmittelalter noch ausführlich betrachten werden, welches aber in erster Linie mit der Verhüllung des Haars und der wärmenden Funktion einen überaus praktischen Zweck erfüllte.
Die Adelige links daneben zeigt uns unter ihrer Krone einen einfachen Schleier. Dieser wird meist aus einem rechteckigen Tuch auch verschiedene Art und Weise so auf dem Kopf festgesteckt, dass er das Haar verdeckt und somit die kirchlichen Ansprüche an verheiratete Frauen erfüllt. Schleier dürften die am häufigsten abgebildete Kopfbedeckung der Frauen des Hochmittelalters darstellen und lässt sich, je nach gesellschaftlichem Stand, in verschiedensten Varianten vom einfachen Leinentuch bis hin zum reich verzierten Seidenschleier belegen. Interessant bei der dargestellten Königin ist, dass sie trotz ihrer sonstigen sehr prunkvollen Kleidung einen schlichten und schmucklosen Schleier trägt, was als Symbol für die Reinheit und Tugend ihres Standes gedeutet werden könnte [ nach Margaret Scott: „Kleidung und Mode im Mittelalter“, siehe oben ]
Am auffälligsten und beinahe ausschließlich im Hochmittelalter zu finden dürfte der Kopfschmuck der Frau in der rechten unteren Ecke sein. Das Haar ist am Kopf nach oben und hinten zu einer eng anliegenden Frisur geformt, die unter einem weißen Tuch verschwindet. Ein so genanntes Kinnband, das unter dem Kinn und über den Kopf läuft, sowie ein Stirnreif fixieren die Frisur und komplettieren das Ensemble – erneut ein gutes Beispiel für das wachsende Modeverständnis vor allem des 13. Jahrhunderts und den Wandel von reinem Nutzen hin zu aufwändigen Trageweisen, die unter rein praktischen Gesichtspunkten teils nur noch sehr wenig Sinn machen oder schlicht zu umständlich erscheinen [Annemarie Bönsch: „Formengeschichte europäischer Kleidung“ (2011), Böhlau Verlag ].

Ähnlich den Betrachtungen zur frühmittelalterlichen Kleidung müssen wir auch bei der Hochmittelalterlichen Kleidung feststellen, dass die bildlichen Darstellungen des Schuhwerks nur relativ wenig Aufschluss über die gängigen Schuhformen geben. Dem umfangreichen Bilderschatz der Maciejowski-Bibel zum Beispiel lässt sich trotz der zahlreichen Darstellung von Schuhwerk nicht viel mehr entnehmen, als dass die Schuhform recht eng den natürlichen Formen des Fußes angepasst war, die Schuhe meist als Halbschuhe vorn leicht spitz zuliefen und teils Verzierungen aufwiesen, die sich analog zum Frühmittelalter als Ziernähte oder Ähnliches interpretieren lassen. Abbildungen des „La Somme le Roy“ lassen darüber hinaus vermuten, dass die Schuhe teilweise auf dem Spann ausgespart waren und um den Knöchel mit einem Riemchen geschlossen wurden. Wahrscheinlich sollte so die Farbigkeit der Beinlinge oder Socken gezeigt werden – erneut ein Indiz für das wachsende Modeverständnis der Menschen.
Wie bereits zum Frühmittelalter ausgeführt, belegen auch für das Hochmittelalter die vorhandenen Schuhfunde die Nähweise als Wendeschuh. Das bedeutet das Vernähen der Einzelteile „auf links gedreht“ und das anschließende Wenden des Schuhs, so dass die Nähte auf der Innenseite vor Abrieb und Verschleiß geschützt sind.
Auch eine modische Differenzierung von Männer- und Frauenschuh lässt sich für das Mittelalter kaum erkennen, so dass die beschriebenen Schuhformen vermutlich universell von Mann und Frau verwendet wurden.
Eine erwähnenswerte Sonderform des Schuhwerks finden wir dagegen in der bereits eingeführten „Histoire Universelle“, wo der zur linken sitzende Herrscher keinen Übergang oder Absatz zwischen Beinlingen und Schuhwerk zeigt. Beides zeigt identische Farben und Verzierungen, so dass wir hier davon ausgehen können, dass auf das Schuhwerk völlig verzichtet wurde und der Beinling wahrscheinlich mit einer Ledersohle als Schuhersatz versehen wurde. Allerdings dürfte diese modische Erscheinung lediglich der Oberschicht vorbehalten geblieben sein, da der Ersatz des Schuhwerks durch Wollsocken beim täglichen Arbeiten eher unpraktisch gewesen sein dürfte und darüber hinaus nur dann Sinn macht, wenn der Beinling optisch den Entfall des Schuhs aufwiegt.

Resumée
Dieser ganz grobe Überblick über die Bekleidung des Hochmittelalters stellt sicherlich keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Vor allem bei den Überbekleidungen und den Kopfbedeckungen lassen sich bei der Recherche neben den gezeigten Beispielen unzählige abweichende Varianten finden, die in ihrer Vielzahl den Rahmen dieser kurzen Zusammenstellung bei weitem sprengen würden. Ebenso wurde das Thema Accessoires, Gürtel, Gürteltaschen usw. bewusst ausgespart, da sich alleine damit unzählige Seiten füllen ließen.
Auch im Rückblick auf den letzten Artikel zur Frühmittelalterlichen Kleidung sollte aber das Gefühl dafür entstanden sein, dass die Mode sich dahingehend entwickelt hat, dass sie rein optische Aspekte jenseits der Praktikabilität weit stärker mit einbezieht und dadurch vielfältiger und „spannender“ wird, als dies noch wenige Generationen früher der Fall war.

Florian Fischer / Januar 2012